ZEIT für die Schule
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Seit 2015 veranstaltet die Flossbach von Storch Stiftung jährlich den bundes­weiten Wettbewerb „econo=me“. Er richtet sich an Schülerinnen und Schüler aller Schul­formen ab der Jahr­gangs­stufe 7. Im Schuljahr 2024/25 steht das Thema „Gute Schulden – Schlechte Schulden?“ im Fokus. Die Sekundar­stufe I betrachtet private Schulden, die Sekundar­stufe II Staats­schulden. Ein­sende­schluss der Wettbewerbs­runde 2024/25 ist der 28. Februar 2025.

Weitere Informationen zum Ablauf finden Sie hier.

„Endlich schuldenfrei“. „Wege aus der Schulden­falle“. „Erdrückende Schulden­last“. Wenn das Thema Schulden Schlag­zeilen macht, dann meist negativ. Aber ist das auch gerecht­fertigt? Der Begriff kann auch positiv besetzt sein – etwa, wenn geliehenes Geld für Bildung oder die erste eigene Wohnung genutzt wird. Worin liegt der Unterschied? Und wie finden junge Menschen heraus, welche Schulden sich lohnen?

Kinder und Jugendliche lernen durch alltagsnahe Beispiele, zwischen sogenannten investiven und konsumtiven Ausgaben zu differenzieren. Wenn sie das Kosten-Nutzen-Verhältnis von Investitionen abschätzen können, treffen sie auch bessere finanzielle Entscheidungen. Sie verstehen, dass es sich für langfristige Ziele wie die eigene Ausbildung rentieren kann, vorab ins Minus zu gehen. Studien belegen allerdings, dass viele junge Menschen ihre Finanzen nicht unter Kontrolle haben. Wenn sie Schulden machen, dann häufig nicht mit Blick auf die eigene Zukunft. Vielmehr investieren sie geliehenes Geld in teure Konsumgüter, die laufende Kosten nach sich ziehen. Nicht selten kommt es dann zu einer Überschuldung.

Finanzkompetenz fördern und Über­schuldung vermeiden

Laut Schuldneratlas Deutschland 2023 steigt die Über­schuldung unter jungen Menschen erstmals wieder seit 2013. Grund dafür sind unter anderem Online-Bezahl­dienste wie Klarna oder Afterpay, die bei jungen Zielgruppen beliebt sind. Sofort kaufen, später zahlen: Unter dem Hashtag #klarnaschulden machen Jugendliche auf TikTok sichtbar, wie groß die Gefahr ist, mit scheinbar harmlosen Klein­krediten in die Über­schuldung zu geraten.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammen­arbeit und Entwicklung (OECD) sieht deutliche Bildungs­lücken bei jungen Menschen als eine wichtige Ursache für mangelnde Finanz­kompetenz. Akuter Handlungs­bedarf besteht in der Sensibilisierung für die verantwortungs­volle Nutzung von Krediten. Jugendliche sehen das laut OECD-Analyse auch selbst so: 87 Prozent der Befragten wünschen sich, in der Schule mehr über den Umgang mit Geld zu erfahren. 73 Prozent wollen mehr über Anlage­möglichkeiten wissen.

Die eigene finanzielle Zukunft in die Hand nehmen

Es ist wichtig, dass Jugendliche die langfristigen Auswirkungen ihrer finanziellen Entscheidungen verstehen. Wer Schulden aufnimmt, hat Verpflichtungen. Ihre Tilgung schränkt die finanzielle Flexibilität eine Zeit lang ein. Die Investition in Wissen und Fähigkeiten eröffnet aber auch Chancen, beispiels­weise, wenn Investitionen getätigt werden in Bezug auf den Arbeits­markt und -weg, um einen Job mit höherem Einkommen zu erreichen.

Ob Kleidung, Smartphone oder Kosmetik: Rückstände für Konsumgüter, die für den privaten Ge- und Verbrauch bestimmt sind, zählen zu den konsumtiven Schulden. Sozialer Druck und das Bedürfnis nach Status­symbolen führen bei immer mehr jungen Menschen dazu, dass sie über ihre Verhältnisse leben. Das kann im jungen Erwachsenenalter zum Problem werden. Schuldnerberatungsstellen sind dann oft der letzte Ausweg. Am häufigsten werden sie von Ratsuchenden im Alter zwischen 30 und 39 Jahren aufgesucht, so der iff-Überschuldungs­report 2023.

Die Unterscheidung zwischen „guten“ und „schlechten“ Schulden hängt nicht zuletzt von der individuellen Situation ab. Wichtig ist, mögliche Sorgen jüngerer Generationen in Bezug auf ihre Zukunft nicht noch zu verstärken. Eine finanzielle Grundbildung kann helfen, informierte Entscheidungen zu treffen. Ob Inflation, teurer Wohnraum oder Altersarmut: Je früher Jugendliche gelernt haben, Geld zur Seite zu legen und bewusst zu investieren, desto größer ist ihre finanzielle Wider­stands­fähigkeit.

Tobias Tyll ist Gymnasial­lehr­kraft am Hanns-Seidel-Gymnasium Hösbach und Vorsitzender des Wirtschafts­philologen Verbands Bayern e. V.

Herr Tyll, wo und wann beginnt finanzielle Bildung?
Zunächst im Elternhaus, das Kindern einen selbst­verantwortlichen Umgang mit Geld ermöglicht. Das beginnt mit der Zurverfügung­stellung von Taschengeld ab der ersten Klasse. Die Taschen­geld-Tabellen geben hier einen vernünftigen Rahmen vor. Zum anderen sollten Eltern mit ihren Kindern ein Taschen­geld­konto eröffnen, idealer­weise ab Jahrgangs­stufe 6. Der Umgang mit „unsichtbarem“ Geld muss früh­zeitig erlernt und begleitet werden. Abheben am Karten­automaten, Zahlen mit Karte – das sind Dinge, die Jugendliche nicht lernen, wenn sie kein eigenes Konto zur Verfügung haben.

Tobias Tyll, Lehrer
© Leonie Saltzmann-Tyll

Wie können Schulen dabei unterstützen, den Umgang mit Geld zu lernen?
In Bayern sind die Grundsätze des Wirtschaftens, reflektierte Verbraucher- und Anlage­entscheidungen oder die Wahl von geeigneten Zahlungs­mitteln fix im Lehrplan verankert. Wir schauen uns zudem allgemein­gültige Kriterien­kataloge an, nach denen die Lernenden ihre Entscheidungen auch in zehn Jahren treffen können. Das Vermitteln von grundlegenden Finanz­kompetenzen muss zum richtigen Zeitpunkt geschehen. Den sehe ich zwischen Jahrgangs­stufe 7 und 10.

Akuter Handlungsbedarf besteht beim Umgang mit Krediten. Wie können Lehrkräfte den Unterschied zwischen „guten“ und „schlechten“ Schulden vermitteln?
Schulden werden bei uns im Unterricht nicht als etwas Schlechtes dargestellt. Ohne die Aufnahme von Schulden sind viele notwendige Investitionen nicht möglich. Problematisch ist die Über­schuldung. Wichtig ist daher, zu lernen, reflektierte Konsum­entscheidungen zu treffen und einen realistischen Plan zu entwickeln, wie Schulden zurück­zu­zahlen sind. Im Unterricht beginnen wir mit einer Auflistung aller Ausgaben einer Person pro Monat. Die Lernenden recherchieren dabei unter anderem ortsübliche Mieten, Internet- und Telefon­tarife sowie Mobilitäts­ausgaben. Außerdem schätzen sie Ausgaben für Essen, Getränke, Kleidung und Freizeit ein. Schnell zeigt sich, dass manche Ausgaben aus dem laufenden Budget eines Auszubildenden oder Studierenden nicht bestritten werden können. Hier kommt dann die Kredit­finanzierung ins Spiel – oder eine Spar­methode.